Office for Living Architecture

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Der Baubotanische Steg wurde 2005 als ein experimentelles Bauwerk realisiert. Seine einfache pflanzlich-technische Struktur veranschaulicht den konzeptionellen wie auch den konstruktiven Ansatz der Baubotanik.

Die ursprüngliche Konstruktion wurde aus 64 senkrecht und 16 diagonal angeordneten Bündelstützen gebildet, die auf etwa 2,5 Metern Höhe eine begehbare Fläche tragen und darüber ein Edelstahlrohr aufnehmen, das als Handlauf dient. Durch die in regelmäßigen Abständen angeordneten Pflanzenstützen und die insgesamt 22 Meter lange, aus Stahlgitterrosten gebildete Stegfläche, entsteht ein vom Boden abgelösten, begehbaren Raum, der über zwei Querstege mittels Leitern betreten werden kann.

Konstruiert wurde die lebende Tragstruktur aus Setzstangen der Weidenart Salix viminalis, die eine hohe Regenerationsfähigkeit aufweisen und sich im Boden selbstständig bewurzeln. Damit ist eine wichtige Voraussetzung für das vitale Wachstum des Bauwerks gegeben. Die ersten Blätter trieben bereits wenige Wochen nach der baulichen Fertigstellung aus und stellten die Lebendigkeit der Konstruktion unter Beweis. Und schon in der ersten Vegetationsperiode entwickelte sich dank des üppigen Austriebs aus der Stützenstruktur eine beinahe blickdichte, grüne Wand. Lediglich die Stahlelemente und die geometrischen Grundform weisen in diesem Zustand temporärer Verwilderung noch auf den artifiziellen Charakter des Gebildes hin. Und erst durch den Blattfall im Herbst wird dann wieder ersichtlich, dass das Bauwerk zwar eine Pflanze, aber auch ein rational konstruiertes Tragwerk ist.

Die einzelnen Pflanzen wurden im Laufe der Jahre dicker und die anfangs zarte und grüne Rinde entwickelte sich zu einer knorrigen Borke. Insbesondere an den Knotenpunkten, an denen die Pflanzenstützen mit dem Edelstahlhandlauf verbunden wurden, sind diese Wachstumsprozesse ablesbar: An vielen Stellen sind die Rohre vollständig eingewachsen und die Tatsache, dass die Stabilität der Struktur durch das Wachstum zunehmen kann, wird hier greifbar.

Die Bündelstützen wurden so dimensioniert, dass bereits unmittelbar nach der baulichen Fertigstellung eine hohe Tragfähigkeit gegeben war. Daraus resultiert jedoch eine hohe Pflanzendichte, die zur Folge hat, dass es zwischen den einzelnen Pflanzen zu Konkurrenz um lebensnotwendige Ressourcen wie Licht kam, bei dem stärker entwickelte Pflanzen schwächere verdrängen. Dadurch kam es neben der insgesamt sehr vitalen Entwicklung auch zum Absterben von Pflanzen, die die Struktur partiell schwächten. 2017 wurde mit einer Verjüngung begonnen, bei der Teile der Konstruktion temporär auf Stahlrohren abgestützt und die Pflanzen auf den Stock gesetzt wurden. Aus dem Neuaustrieb wachsen neue, tragfähige Stützen heran.

Projekt
Baubotanischer Steg

Was
Experimentalbauwerk

Wo
Wald-Ruhestetten, DE

Wann
2005

Entwurf

Ferdinand Ludwig mit Oliver Storz und Cornelius Hackenbracht

Forschungspartner Umsetzung
IGMA, Universität Stuttgart

Begleitforschung und Pflege
Forschungsgebiet Baubotanik, Professur für Green Technologies in Landscape Architecture, TU München; Neue Kunst am Ried

Sponsoren
Freitag WeidenArt, Stahlbau Rettich, Schlosserei Staneker, Volksbank Überlingen, gaggli, Schanz, Pfullendorfer Tor-Systeme